Im Online-Gedenkbuch stehen seit kurzer Zeit die Biografien von Friedrich Strauß und Dina Marx. Erforscht und geschrieben hat sie Alfred Hausmann. Den höchst aufwändigen und spannenden Recherche-Prozess beschreibt er hier:
Über Friedrich und Theodor Strauß (Hochzoll) kam ich auf ihre Schwester Dina Marx und über sie auf ihren Mann Leo Marx.
U.a. das Stadtarchiv Saarbrücken stellte mir Kopien zum Leben von Leo Marx, der aus dem Saarland stammte, zur Verfügung. Die Rubrik „Kinder“ im Familienbogen war wegen Datenschutz abgedeckt. Der Kontakt mit einem Nachfahren war aber für mich wichtig, um an ein Foto und persönliche Erinnerungen zu kommen. Wie finde ich den/die Nachfahren?
Ich fand im Internet einen Heimatverein Gersweiler, dem Geburtsort von Marx und bat um Unterstützung. Man antwortete mir, die Witwe von Marx sei dort bekannt, sie sei erst 2014 gestorben, es gäbe einen Sohn und man werde nach diesem in der früheren Nachbarschaft der Mutter fragen. Mehr als zwei Monate hörte ich nichts mehr. Dann meldete sich am 2.12.18 Herr Dr. Michael Marx, der Sohn von Leo M., mit einer E Mail bei mir. Die Herren vom Heimatverein hätten auf meine Bitte hin bei ihm angefragt. Um was gehe es denn? Mittlerweile hatte ich längst meine Biografie fertig, und sie war im Gedenkbuch eingestellt.
Bei der Bearbeitung hat Michael Friedrichs noch nach Dina Marx gegoogelt und ein Inventarverzeichnis des Bayerischen Nationalmuseums zur Edelmetall-Zwangsabgabe für Juden von 1939 gefunden, wo zwei Augsburger Silberschmiedearbeiten aus dem Besitz von Dina Marx eingetragen sind. Vermerkt ist dazu, dass 1969 nach Anspruchsberechtigten ohne Ergebnis gesucht wurde. Ich teilte dem Nationalmuseum mit, dass es einen Sohn gäbe, dessen Daten mir aber das Stadtarchiv Saarbrücken nicht mitteilen dürfe. Das war vor ca. 6 Wochen.
Ich bekam eine sehr wohlwollende Antwort des für Provenienzforschung zuständigen Herrn Dr. Grimm mit der Bitte, ihm mein gesamtes Material zum Fall Marx zu schicken und der Zusage, den Sohn wegen Rückerstattung über das Archiv zu ermitteln. Etwa zur gleichen Zeit, als ich die Mail von Dr. Marx ( Anfang Dezember) erhielt, bekam auch Herr Dr. Grimm vom Stadtarchiv Namen und Adresse des Nachfahren Dr. Marx.
Herr Dr. Grimm schrieb mir am 6.12.18, er werde nun Herrn Dr. Marx wegen der Rückgabe anschreiben und plane eine kleine Sonderausstellung zu dem Thema „Zwangsabgabe 1939“.
Herr Dr. Marx schickte mir nun einen ausführlichen Artikel über seinen Vater, erschienen 2014 in den „Schmelzer Heimatblättern“. (Schmelz/ Gersweiler ist der Geburtsort von Leo Marx.)
Die Recherche war wirklich spannend. Mindestens zweimal war ich an einem Punkt, wo ich dachte, jetzt geht’s wohl nicht mehr weiter. Ich denke daran, wie ich mit Frank Schillinger in den Listen suchte, ob Leo Marx nach 1945 in die USA oder nach Israel ausgewandert ist. Dann kam plötzlich der Hinweis: gestorben in Saarbrücken. Mein Eindruck ist, dass man so ziemlich alles herausbringen kann, aber es kann dauern. Und man ist auch auf hilfsbereite Menschen (Heimatverein Gersweiler!) angewiesen.
Gespannt bin ich nun auf die Ausstellung des Nationalmuseums und auf eine Begegnung mit Herrn Dr. Marx. Und es tut gut zu erleben, dass unsere Recherchen auch heute noch ein „handfestes“ Ergebnis bewirken können.
Alfred Hausmann