Gabi. Geboren im Allgäu. Ermordet in Auschwitz. Lesung am 3.6.

Erstellt am 13. Mai 2019

Montag, 3. Juni 2019, 19 Uhr
A. B. von Stetten’sches Institut, Am Katzenstadel 18 a, Barbarasaal

Leo Hiemer liest aus seinem soeben erschienen Buch
Gabi (1937-1943)
Geboren im Allgäu. Ermordet in Auschwitz

Direkt im Anschluss an die Einweihung eines Erinnerungsbandes vor der benachbarten Gesundbrunnenstraße 3 stellt Leo Hiemer im Stetten sein neues Buch über Gabi, Tochter einer Augsburger Jüdin, vor, die in Auschwitz mit fünf Jahren ihr Leben lassen musste.

Gabis Mutter, Lotte Eckart, entstammte einer gutbürgerlichen jüdischen Familie. Wie ihre beiden Schwestern besuchte sie als junges Mädchen die „A. B. von Stetten’sche höhere Mädchenschule und Erziehungsanstalt“, wie sie damals noch hieß. Ihre 1937 geborene Tochter Gabriele gab sie schon als Säugling in die Obhut frommer Bauersleute in Stiefenhofen im Allgäu, wo das Kind in ländlicher Idylle aufwuchs. Gabis Vater hat Lotte Eckart niemals genannt, um sich nicht selbst des Verbrechens der „Rassenschande“ zu bezichtigen. Verbindungen von Juden und Nicht-Juden galten seit den Rassengesetzen von Nürnberg als Verbrechen.
Mutter und Kind waren katholisch getauft. Jahrelang versuchte Lotte Eckart mit Hilfe des ihr persönlich verbundenen Kardinal Faulhaber in München, sich und ihr Kind im Ausland in Sicherheit zu bringen. Vergeblich. Im September 1941 wurde Lotte Eckart in der Kanzlei von Dr. Ludwig Dreifuß, nach dem Krieg der erste Oberbürgermeister von Augsburg, von der Gestapo verhaftet. Sie wurde ins Konzentrationslager Ravensbrück gesteckt und Anfang 1942 in der Tötungsanstalt Bernburg umgebracht. Dr. Ludwig Dreifuß wurde zum Vormund von Gabi bestellt. Auch er konnte nicht verhindern, dass das Kind 1943 auf Gestapo-Befehl seiner Heimat für immer Lebewohl sagen musste. Über die Zwischenstation München wurde es nach Auschwitz verschleppt und an Ort und Stelle ermordet. Gabi wurde nur fünf Jahre alt.

Seit vielen Jahren beschäftigt Leo Hiemer die tragischen Geschichte von Gabi, von der Gernot Römer, damals Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen, erstmals in seinem Buch „Für die Vergessenen“ berichtete. Bereits 1994 drehte Leo Hiemer mit „Leni …muss fort“ einen vielfach preisgekrönten Film nach ihrer wahren Geschichte. Doch Gabi hat ihn nicht losgelassen. Angeregt von Nachforschungen des Augsburger Lehrers Albert Eichmeier, ist er noch tiefer in die Recherche eingestiegen und hat Erstaunliches und Bedenkliches zu Tage gefördert. So entdeckte er in den Tagebüchern von Kardinal Faulhaber, die die „Welt“ jüngst als einen der wichtigsten Quellenfunde der jüngeren Zeit bezeichnete, Eintragungen, die von persönlichen Unterredungen des Kirchenmannes mit der Jüdin aus Augsburg zeugen. Weitere Quellenfunde folgten, wodurch es Leo Hiemer möglich wurde, das Schicksal einer jüdischen Konvertitin und ihres katholisch getauften Kindes hautnah und belegt durch viele Dokumente und einer Vielzahl von Fotos der kleinen Gabi dem Leser nahe zu bringen.

Leo Hiemer wird nicht nur aus seinem Buch lesen, sondern auch Fotos und Dokumente zeigen. Die Veranstaltung wird vom Schulorchester des Von-Stetten’schen Instituts unter Leitung von Frau Geerkens umrahmt.